Die Umweltverbände NABU und WWF haben in einem offenen Brief an die Parteivorsitzenden und Chef-Unterhändler der GroKo, Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz appelliert, das umstrittene Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 zu stoppen.

Die Ostsee-Pipeline beginnt im russischen Wyborg und erreicht Deutschland in Lubmin bei Greifswald.

Die Ostsee-Pipeline beginnt im russischen Wyborg und erreicht Deutschland in Lubmin bei Greifswald.

„Mit Blick auf die Sondierungsgespräche und die Regierungsbildung der Bundesrepublik Deutschland wenden wir uns mit großer Sorge um die Glaubwürdigkeit der deutschen Klimapolitik und die bevorstehende Genehmigung und Realisierung des Projektes der Gaspipeline Nord Stream 2 direkt an Sie: Stoppen Sie das Projekt Nord Stream 2. Die geplante Gaspipeline ist eine klimapolitische Sackgasse, bedroht das fragile Ökosystem der Ostsee und treibt einen Keil in die Solidarität innerhalb der Europäischen Union“, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten offenen Brief von NABU-Präsident Olaf Tschimpke und WWF-Deutschland Vorstand Eberhard Brandes.

Mit der Unterstützung von Nord Stream 2 entwickele sich Deutschland in eine Richtung, die seine Vorreiterrolle im Klimaschutz, beim Meeresschutz und der demokratischen Weiterentwicklung Europas aufs Spiel setze. Nord Stream 2 gefährde mit einer geplanten Betriebsdauer von 50 Jahren auch das im Pariser Klimaschutzabkommen formulierte Ziel, bis 2050 auf fossile Energieträger zu verzichten. Das Projekt trage weder zur Diversifizierung der Energieträger noch der Bezugsquellen oder Transportrouten bei, sondern zementiere langfristige Abhängigkeiten vom russischen Gas und behindere so die deutsche Energiewende, so Tschimpke und Brandes.

Das Projekt gefährde die europäischen und nationalen Meeresschutzziele, die Ostsee wieder in einen guten Umweltzustand zu versetzen. Auf einer Strecke von mehr als 70 Kilometern schneide die geplante Pipeline fünf Meeresschutzgebiete. Streng geschützte Lebensräume wie Seegraswiesen oder Mergelriffe werden auf einer Breite von bis zu 80 Metern zerstört, Schweinswale und Meeresenten aus für sie wichtigen Lebensräumen vertrieben. Laut Umweltverbänden sei das in der Pipeline transportierte Methan zudem Gift für die Ostsee und eine Gefahr für unser Klima. Mecklenburg-Vorpommern hat in seinem Landesraumentwicklungsprogramm eine Gasförderung in der Ostsee gezielt ausgeschlossen. Begründung: Verunreinigungen der sensiblen Ostsee sollen ausgeschlossen werden. Leckagen sind auch bei einer Pipeline immer möglich. Zudem ist Methan 25-Mal klimaschädlicher als CO2. Bei Förderung, Transport und Lagerung entweicht das Gas regelmäßig unkontrolliert. Des Weiteren wurde deutlich, dass erhebliche Sicherheitsrisiken der Pipeline im Zusammenhang mit einen Bundeswehr-Schießgebiet nicht gutachtlich aufgeklärt werden können. Nord Stream lehne es ab, Pipelinestücke von 3 Metern Länge für eine Risikostudie zur Verfügung zu stellen.

Angesichts der Verfahrensfehler, der unzureichenden öffentlichen Beteiligung und intransparenter Verflechtungen deutscher Politiker mit dem Projekt fordern die Verbände, das Genehmigungsverfahren auf den Prüfstand zu stellen. „Distanzieren Sie sich vom Projekt Nord Stream 2 und fordern Sie gemeinsam mit uns eine unabhängige, kritische Prüfung des Genehmigungsverfahrens. Erteilen Sie der EU-Kommission das Mandat, über Nord Stream 2 zu verhandeln, um eine konsistente europäische Energie- und Naturschutzpolitik zu gewährleisten“, fordern Eberhard Brandes, Vorstand WWF Deutschland und NABU-Präsident Olaf Tschimpke.