Heute hat die Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG ihre Pläne für den Bau einer weiteren Erdgaspipeline durch die Ostsee offiziell vorgelegt. Die Pipeline soll über eine Länge von 1200 Kilometer von St. Petersburg nach Lubmin bei Greifswald führen. Bei Umweltschützern stößt das Bauprojekt auf Kritik.

 „Der Pipelineplan wirkt wie ein Anachronismus. Eine so langfristige Investition in zusätzliche Infrastruktur für fossiles Gas widerspricht den Klimazielen Deutschlands und der EU bis 2050 treibhausgasneutral zu sein. Wer das Pariser Klimaschutzabkommen ernst nimmt, sollte  keine weitere Erdgaspipeline quer durch die Ostsee ermöglichen, sondern  konsequent auf den Ausbau der erneuerbare Energien setzen“, sagt Jochen Lamp, Leiter des WWF-Ostseebüros. Das Pipeline-Projekt behindere die nötige Stärkung des EU-Energiemarktes. Eine Studie unter Beteiligung des WWF  belegt, dass kein Bedarf für die Ausweitung der Erdgasimporte durch die Ostsee existiert. Selbst bei einem beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2035 gewährleistet die bestehende Erdgasinfrastruktur in Deutschland ausreichend Versorgungssicherheit.

 Auch ist laut WWF  mit Umweltauswirkungen für die Ostsee zu rechnen, die ein dauerhaftes Bauwerk dieser Größenordnung am Meeresgrund nach sich ziehen würde. Zwar sollen die neuen Röhren  innerhalb der Ostsee weitgehend dem Korridor der ersten Pipeline folgen, doch hier können sich negative Effekte aufsummieren. Dies gilt auch für die Pläne, die Trasse auf deutscher Seite wieder im FHH-Gebiet des Greifswalder Boddens an Land zu führen. „Der  Greifswalder Bodden ist Naturschutzgebiet. Trotzdem ist das Gewässer schon jetzt durch die erste Nord Stream-Pipeline, Stromtrassen, Fahrwasserbaggerungen und das LNG Terminal Swinemünde stark strapaziert.  Zusätzliche Beeinträchtigungen würden die Belastungsgrenze des Gewässers sprengen“, befürchtet Jochen Lamp. Der WWF fordert die deutschen Behörden auf, die Planungen kritisch auf ihre Genehmigungsfähigkeit zu prüfen und wird auch einen eigene Prüfung durchführen.

Verantwortliche der Nord Stream 2 AG sehen das anders und betonen, Best-Practice-Ansätze anzuwenden und international anerkannte Umwelt- und Sozialstandards zu erfüllen. „Unser Expertenteam arbeitet deshalb an den bestmöglichen technischen Lösungen sowie an einem umfassenden Plan zur Erhaltung der Biodiversität. Als nächsten Schritt werden wir unsere Vorschläge mit Fachleuten sowie den zuständigen Behörden diskutieren“, sagt Simon Bonnell, der beim Konzern für Genehmigungsverfahren zuständig ist. Wie genau diese technischen Lösungen aussehen sollen, bleibt jedoch unklar.

Nicht nur in Deutschland stößt das Projekt auf Kritik. Auch in anderen Ländern führt die Pipeline zu Naturschutzkonflikten führen: In Schweden wird das neu geschaffene Schweinswal-Schutzgebiet bei Gotland betroffen, in Russland würde die Pipeline durch das Kurgalski Reservat führen – ein Laichgebiet für Lachse und international anerkanntes Wasservogel-Schutzgebiet.  Die geplante  Pipeline auf dem Meeresgrund soll durch die ausschließlichen Wirtschaftszonen und territorialen Gewässer von Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland führen.