Ein aktiver Vulkan mitten in Deutschland? Unmöglich ? Nein! Real und erlebbar im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Was verbindet diese grüne Oase an der Elbe mit Liebe, Eros und dem berühmten Palazzo Sessa in Neapel? Es ist Lady Emma Hamilton, eine atemberaubende Frau, die für die berühmteste Ménage-à-trois ihrer Zeit sorgte. 

Vulkanismus hat die Menschen schon seit Jahrtausenden fasziniert. Die Furcht der  Menschen vor den unbändigen Naturgewalten, vor Feuer und Lava, mörderischen  Vulkanausbrüchen, Schwefel-Tod und Teufel zieht sich durch die Jahrtausende der Kulturgeschichte. Um 1630 begannen bei Neapel die großen Vesuv-Eruptionen und versetzten die Menschen in Angst und Schrecken. Seit dem Untergang von Pompeij war die Gefahr die vom  mächtigen Vesuv ausging für jeden Einwohner und Gast greifbar nahe. Die Wissenschaft begann, sich mit diesem Naturphänomen zu beschäftigen. 70 Jahre später entwickelte der französische Chemiker Nicolas Lemery die erste spektakuläre Vulkanmaschine um den Mächtigen und Reichen das Gefühl zu geben, die elementaren Kräfte dieser Welt bändigen zu können.

Der Golf von Neapel war Mitte des 18. Jahrhunderts ein beliebtes Reiseziele für Künstler und Adelige aus ganz Europa. Ob Johann Wolfgang von Goethe, Jakob Volkmann, Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff oder Fürst Leopold III von Anhalt-Dessau, sie alle waren fasziniert von der einzigartigen neapolitanischen Landschaft.  1764 wurde mit Sir William Hamilton ein großer Vulkanexperte und Naturforscher zum britischen Botschafter im Königreich Neapel berufen. Hier lernte er Fürst Leopold III kennen, der mit seinem genialen Landschaftsplaner und Architekten von Erdmannsdorff  nach Neapel kam und bei  Sir William Hamilton in seinem Palazzo Sessa ein gern gesehener Gast war.Beeindruckt von dieser großartigen Naturkulisse gab Fürst Leopold seinem Architekten den Auftrag, den Golf von Neapel in einer Miniaturausgabe in sein neues Gartenreich  aufzunehmen. So entstand an der Elbe bei Dessau der erste Landschaftsgarten nach  englischem Vorbild auf dem alten Kontinent. Hier wurde die künstliche Insel namens „Stein“ errichtet, die antike Ruinen und ein malerisches Grottensystem in ihrem Inneren barg. Überragt wurde diese Insel durch einen 17 Meter hohen zivilisierten Berg, dessen Herzstück eine einzigartige Vulkanmaschine war, die die Aufruhr der Elemente auf ein kalkulierbares Maß reduzieren konnte. Jeder von Menschenhand kontrollierte „Ausbruch“ des Vulkans auf der Insel Stein war eine  großartige Inszenierung und faszinierende Illusion. Wasser floss aus dem Krater und wurde durch geschickte Beleuchtung zu fließender Lava. Schwarzpulver mit unterschiedlichsten Metallen versetzt, erzeugte als  gut getimte Pyrotechnik die perfekte  Illusion einer Vulkaneruption im Gartenreich.

Die Gesellschaft des höheren Adels diskutierte damals wie heute über Klatsch, Gerüchte, Liebe, Ehe und Betrug. Vor allem eine Frau stand in dieser Zeit im Mittelpunkt  des öffentlichen Interesses, Amy Lyon alias Emma Hart. Als Tochter eines Schmiedes geboren, durchlebte sie alle Höhen und Abgründe des  Lebens. Da ihr Vater früh stirbt, geht Emma mit 13 von zu Hause fort und wird mit 16  Jahren die Geliebte eines Adeligen.  1791 wird Emma zur Frau des Britischen Botschafters Sir William Hamilton.

Admiral Nelson und Lady Hamilton in Neapel

Admiral Nelson und Lady Hamilton in Neapel

Hamilton als renommierter Wissenschaftler und Liebhaber der Antike lud oft zu gesellschaftlichen Abenden ein, an denen Lady Hamilton –nur mit Schleiern bekleidet–  tanzend den Gästen alle Sinne raubte. Auch in ihren mystisch angelegten „Attitüden“, die  Frauenbilder aus der Antike als mimische Darstellungen in Szene setzen, spielt sie gekonnt die ganze Macht der Erotik aus. Ihrem unnachahmlichen Schleiertanz erlag 1800 auch Leopold III., als die Lady mit ihrem Lord  zu Besuch in Wörlitz weilte. Aus ihrer Zweckverbindung zu Lord Hamilton brach sie schon vorher aus und entflammte in einer romantischen Liebe zum berühmt gewordenen Admiral Nelson, den sie in Neapel kennen und lieben gelernt hatte. Diese Beziehung hätte in Neapel als Lebenstraum enden können, aber es wurde eine alsbald den Klatsch in Europas Salons befeuernde Ménage-à-trois. Noch heute steht die berühmte Villa Hamilton auf der Insel „Stein“ für diese berühmte Frau und der Verbindung des Hauses Anhalt-Dessau mit der europäischen Zeit- und  Kulturgeschichte.

Die Sonderausstellung  „Lady Hamilton. Eros & Attitüde“ ist noch bis 18. September im Schloss Wörlitz zu sehen. Mehr Informationen gibt es hier.

Titelfoto:  Jwaller via Wikimedia Commons