Mit ihren legendären Trompetenrufen fliegen jedes Jahr tausende von Kranichen zu ihren Rastplätzen in Brandenburg, um sich auf ihren langen Weiterflug in den Süden vorzubereiten. Im Natur-Erlebniszentrum Wanninchen, benannt nach dem legendären Tierfilmer Heinz Sielmann, werden  im Oktober regelmäßig öffentliche Kranichbeobachtungen angeboten. Mitarbeiter der Heinz Sielmann Stiftung stellen Spektive und Ferngläser bereit und begleiten die Naturfreunde bei der Beobachtung, Bestimmung sowie beim Kennenlernen der Zugvögel. Über das Besondere der Naturlandschaft Wanninchen, die Angebote für die Besucher und die beste Zeit zum Kraniche gucken – ein Interview mit Ralf Donat, dem Projektleiter des Heinz Sielmann Natur-Erlebniszentrum Wanninchen

Es gibt bekannte Kranichrastplätze wie Linum und das Untere Odertal in Brandenburg. Was macht Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen so attraktiv für die Zugvögel?

Wanninchen zeichnet sich vor allem durch die Bergbaufolgelandschaft aus, also einer einst über Jahrzehnte geschundenen Landschaft, die sich zu einem Naturparadies aus zweiter Hand entwickelt. Große Flachwasserbereiche, welche den Kranichen als Schlafplätze dienen, wechseln sich mit offenen Sandflächen ab. Große Seen werden von zehntausenden nordischen Gänsen ebenfalls als Schlafplatz genutzt. Darüber hinaus bieten große landwirtschaftlich genutzte Flächen in weitem Umkreis Nahrungsflächen für die Vögel.

Wie viele Kraniche rasten hier jedes Jahr?

Wir wissen durch Synchronzählungen, dass bis 8.000 Kraniche gleichzeitig im Gebiet sein können. Da einige Tiere nur wenige Tage im Gebiet bleiben, andere über mehrere Wochen und ein ständiges „Kommen und Gehen“ existiert, gehen wir von 10 bis 12 Tausend Kranichen aus, die im Herbst hier rasten.

Welche Angebote gibt es für Besucher, den Vogelzug in Wanninchen zu beobachten?
Bis Ende Oktober ist Kranichsaison. Jeden Mittwoch und Freitag bis Sonntag bieten wir in Wanninchen gemeinsame Beobachtungen am Schlabendorfer See (direkt am Zentrum) an, um den Einfall der Kraniche in ihre Schlafplätze zu erleben. Dazu gibt es jede Menge interessante Hintergrundinformationen rund um die Bergbaufolgelandschaft und den Vogelzug. Mittwochs können sich die Besucher zusätzlich einen Kranichfilm ansehen. Freitags geht es um 14.00 Uhr mit dem Kleinbus auf Kranich-Safari zu den Äsungsflächen der Kraniche im Naturpark Niederlausitzer Landrücken. Nach einem kleinen Imbiss besteht die Möglichkeit die Ausstellungen im Natur-Erlebniszentrum zu besuchen und an der abendlichen Kranichbeobachtung teilzunehmen. Die Teilnahme kostest 20 EUR und es ist eine Voranmeldung erforderlich. Für das Kranich-Camp für Jugendliche ab 12 Jahre sind vom 06.-08. Oktober noch Plätze frei. Hier erfahren die Teilnehmer interessantes aus dem Leben der Kraniche und begleiten die Zählung  der Kraniche beim Ausflug aus den Schlafplätzen.

Welche Ausrüstung sollten die Vogelfans unbedingt dabeihaben?

Auch wenn wir gute Spektive und einige Ferngläser vorrätig haben, ist ein eigenes Fernglas immer von Vorteil. Auf jeden Fall sollte man sich wetterangepasst warm anziehen, denn wenn man eine Weile am Ufer des Schlabendorfer Sees steht und die Kraniche nicht gleich kommen, kann es jetzt schon empfindlich kalt werden.

Welche Zeit zur Kranichbeobachtung empfehlen Sie als Fachmann: die Morgenstunden oder doch lieber abends?

Wer es einrichten kann, sollte am Abend zu unserer fachkundigen gemeinsamen Kranichbeobachtung kommen, sich eine Übernachtung suchen und zum Sonnenaufgang wieder in Wanninchen sein. Der Ausflug der Kraniche aus ihren Schlafplätzen bei Sonnenaufgang ist ein ganz besonderes Erlebnis.

Ist bekannt, welche Beziehung Heinz Sielmann zu Kranichen hatte? Hat er einmal einen Film über die Zugvögel gedreht?

Heinz Sielmann haben ja Tiere insgesamt begeistert. Auch den Kranichen widmete er am 27. Oktober 1970 eine Sendung „Mit den Kranichen durch Europa“ in den vom NDR ausgestrahlten „Expeditionen ins Tierreich“. Auch seine Entscheidung im Jahr 2000, große Flächen in Wanninchen für das erste Großprojekt der Heinz Sielmann Stiftung zu erwerben, war sicher auch von den Kranichen geprägt, die während seines ersten Besuchs im Herbst 1999 über dem Schlabendorfer See zu sehen waren.

Letzte Frage: Was gefällt Ihnen an den Kranichen und anderen Zugvögeln, die sie jedes Jahr in Wanninchen besuchen?

Kraniche haben mich schon in meiner frühesten Jugend fasziniert und begleiten mich seither. Es sind sehr charismatische und beeindruckende Vögel, die ein heimliches Familienleben führen und sich im Herbst mit vielen Artgenossen versammeln, um gemeinsam in den warmen Süden zu fliegen, wenn es bei uns ungemütlich wird. Und als Frühlingsboten kündigen sie bereits im Februar das Ende des Winters an. Wer sich mit Kranichen intensiv beschäftigt, ist in ihren Bann gezogen und betrachtet sie als Vögel des Glücks!

Treffpunkt für die Beobachtung ist etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang. Wenn möglich, Ferngläser mitbringen. Die Termine im Oktober: 01. bis 15.10. ab 17.00 Uhr, 18. bis 28.10. ab 16.30 Uhr, 29.10. ab 15.30 Uhr. Weitere Informationen unter: www.wanninchen-online.de

Besonders viele Zugvögel können auch in Linum im Rhin-Havelluch, im Rambower Moor in der Prignitz und im Nationalpark Unteres Odertal beobachtet werden.