Sechs Jahre nach „Friederisiko“ steht das Neue Palais in Potsdam erneut im Zentrum der Veranstaltungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG). Der 100. Jahrestag des Sturzes der preußischen Monarchie im November 1918 ist der Anlass für die Ausstellung „Kaiserdämmerung. Das Neue Palais 1918 zwischen Monarchie und Republik“. Die Ausstellung ruft ab Juni am authentischen Ort eine wichtige Veränderung deutscher Geschichte in Erinnerung – aus Königsschlössern wurden Museen für Jedermann.

Mit dem Untergang des Kaiserreiches und der Beschlagnahme des Hohenzollernvermögens begann ein mehrjähriger Prozess, in dem die Besitzverhältnisse zwischen dem früheren Königshaus und dem preußischen Staat neu geregelt werden mussten. Die zentralen Punkte der acht Jahre dauernden Verhandlungen stellte die Zuordnung der Kunstwerke und Liegenschaften sowie die Versorgung der Hofdienerschaft dar. Nach dem Abschluss der Vermögensauseinandersetzung wurde schließlich ein Gesetz verabschiedet, das u. a. die Gründung der „Preußischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten“ zum 1. April 1927 festlegte. Die Ausstellung ruft am authentischen Ort diese wichtige Veränderung deutscher Geschichte in Erinnerung – aus Königsschlössern wurden Museen für Jedermann. Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) hatte zum Neuen Palais eine besondere Bindung. Hier war er mit seinen Eltern und Geschwistern als künftiger Erbe des Hohenzollernthrones aufgewachsen. Deshalb wählte er nach seiner Thronbesteigung 1888 dieses Haus als wichtigsten Wohnort neben dem Berliner Schloss. Auch während des Ersten Weltkrieges blieb das Palais der bevorzugte Aufenthaltsort des Kaisers und seiner Ehefrau Auguste Viktoria (1858-1921). Während sich Wilhelm II. am 9. November 1918 im Großen Hauptquartier im belgischen Spa aufhielt, erlebte die Kaiserin die Novemberrevolution im Neuen Palais.

Inhalt der Ausstellung ist die Zeit des Übergangs, in denen das Kaiserreich aus den Angeln gehoben, die Republik aber noch nicht gefestigt war. In dieser Zeit wurden zahlreiche Kunstwerke aus den Privatwohnungen des Kaiserpaares im Neuen Palais in die Niederlande transportiert und die Schlossräume wieder mit der ursprünglichen Einrichtung aus der Zeit Friedrichs des Großen (1712-1786) ausgestattet.Aus diesen Monaten des politischen Umbruchs haben sich aussagekräftige Objekte erhalten, die folgende Fragen zu beantworten helfen: Wie erlebten die Kaiserin und ihre Kinder die Novemberrevolution im Neuen Palais? Warum wurden 1919 und 1920 Kunstwerke und Hausrat in großem Umfang aus dem Neuen Palais und den Berliner Schlössern in das niederländische Exil Wilhelms II. transportiert, obwohl diese 1918 durch die preußische Regierung konfisziert worden waren? Was geschah mit der Hofdienerschaft nach der Revolution?

Die Präsentation ist in den Besucherrundgang integriert und umfasst 15 Stationen. Briefauszüge, Transportlisten, Fotografien vermitteln authentische Stimmungsbilder aus der kurzen Phase, in denen die Koffer gepackt, über Kunstwerke verhandelt und das Schloss neu organisiert werden musste. Das Neue Palais selbst wird als kaiserlicher Wohnort erstmals fassbar und seine Bedeutung im Zusammenhang mit den Veränderungen 1918 kommentiert. So werden beispielsweise aus dem niederländischen Exilort Huis Doorn einige Uniformen Wilhelms II. an die erhaltenen original beschrifteten Garderobenhaken zurückkehren. Auch der neubarocke Schreibtisch des Monarchen wird 100 Jahre nach seinem Abtransport aus dem Neuen Palais wieder im ehemaligen Arbeitszimmer des Kaisers aufgestellt. Zudem wird der große „Juwelenschrank“ der Kaiserin, Möbelstücke oder ein Gemäldezyklus die verschiedenen Aspekte der Vermögensauseinandersetzung beleuchten. Kaiserliches Porzellan, Brotmarken des „Steckrübenwinters“ und ein von Revolutionären beschädigtes Porträt Kaiser Wilhelms II. zeugen von der Dramatik dieser Zeitenwende.

Geschichte des Neuen Palais
Das Neue Palais am westlichen Ende des Parks Sanssouci wurde zwischen 1765 und 1768 für Friedrich den Großen erbaut. Mit seinen mehr als zehn großzügigen Appartements, den vier Festsälen und einem Theater diente es in erster Linie als Gästeschloss. Auch im 19. Jahrhundert war es Schauplatz großer Feste der Hohenzollern, bis es 1859 durch den späteren Kronprinzen Friedrich Wilhelm (1831-1888, 1888 Kaiser Friedrich III.) und seine Ehefrau Victoria (1840-1901) als Sommerresidenz ausgestattet wurde. Deren Sohn, Wilhelm II., führte diese Nutzung fort. Ab 1889 hielt sich der kaiserliche Hof mehrere Monate im Jahr im Neuen Palais auf. Nebengebäude wie der Neue Marstall, eine Hofstation und ein Post- und Telegrafenamt wurden errichtet, die Schlossräume den modernen Anforderungen eines kaiserlichen Wohnsitzes angepasst und ausgebaut sowie zahlreiche technische Einrichtungen eingebracht.
Aus dem Rokokoschloss des 18. Jahrhunderts wurde ein residenzähnlicher Wohnsitz, in dem alle Bequemlichkeiten der frühen Moderne vorhanden waren: Elektrizität, ein unterirdischer Küchengang, Zentralheizung, 40 Badezimmer und Toiletten mit fließendem Wasser sowie ein Fahrstuhl.
Unmittelbar nach dem Auszug der kaiserlichen Familie und ihrer Hofhaltung nahmen sich Kunsthistoriker des Gebäudes an und begannen die Lebenswelt Wilhelms II., seiner Familie und seines Hofes, soweit diese in der mobilen Ausstattung sichtbar und erfahrbar war, zu eliminieren. Nichts sollte mehr an den Kaiser und den mit ihm verbundenen verlorenen Weltkrieg erinnern. Man wollte an große, preußische, deutsche, ja europäische Vergangenheit anknüpfen: an Friedrich den Großen und seine Zeit, einen Herrscher und eine Epoche, die von ganz Europa respektiert wurden.

Öffnungszeiten
Täglich außer Dienstag
Bis 31. Oktober: 10 bis 17.30 Uhr, letzter Einlass 17 Uhr

Eintritt: 8 Euro / ermäßigt 6 Euro